Café du Port - Die Cote d’Azur St. Paulis

 

Oh la la, wir haben ein echtes Bijou für euch auf St. Pauli entdeckt. Das schnucklige Café du Port. Besitzer Liviu erzählt uns, warum er eigentlich keine Lust mehr auf Gastro hatte, aber trotzdem in nur zwei Wochen ein Café eröffnet hat. Sacrebleu!

IMG_5190.JPG

Wie ist das Café du Port entstanden?

Liviu: Eigentlich ist es alles ganz losgelöst von meiner Person entstanden. Das Café hat meine Schwester gegründet. Ich war nämlich in dem Stadium: Nie wieder Gastro in meinem Leben.

Warum das?

5FCF9349-1097-43E2-B1ED-AFCD85D28220.JPG

Liviu: Seit meinem 16. Lebensjahr habe ich unfassbar viel in der Gastro gearbeitet. Ich war Barkeeper, habe auf Künstlerfestivals, in Cafés und Eisdielen gearbeitet. Ich hatte quasi alles durch. Und mir ist irgendwann der Reiz verloren gegangen. Denn man mutiert schon zum Misanthropen. Außerdem hat der Lebensunterhalt auch über geile kreative Jobs, wie Game Design, Drehbuchautor funktioniert.

Und wie bist du dann trotzdem hier gelandet?

Liviu: Durch meine Schwester. Der Laden war frei und sie hat ihn im Schnellschuss gemietet. Sie wollte schon immer ein Café eröffnen. Zu diesem Zeitpunkt war aber schon fix, dass sie nach Marseille gehen wird, da ihr Mann dort einen Job angenommen hat.

Also hat sie mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mit ihr den Laden zu machen. Und einfach alle 2 Wochen mal im Laden vorbeizuschauen, ob alles funktioniert.

Ich dachte nur: Ok, entweder machst du mit oder du stopfst den Kredit einfach in den Mülleimer [lacht].

Und wie ging es dann weiter?

Liviu: Wir haben uns zusammengesetzt und „ziemlich" lange überlegt, in welche Richtung wir wollen. Also ziemlich lange, bedeutet 2 Wochen. Wir hatten original von dem Zeitpunkt an, wo klar war, wir kriegen den Laden, 2 Wochen Zeit. Denn zum einen hatten wir keinen finanziellen Puffer, um uns mal 3 Monate etwas geiles zu überlegen. Und zum anderen war meine Schwester ja auch schon halb auf dem Weg nach Marseille. In der Zeit musste also der ganze Ämterquatsch geschehen, der Umbau geregelt und das Konzept geschrieben werden.

Und Frankreich als Teil des Konzeptes war sofort klar?

Liviu: Ja! Frankreich war einfach super naheliegend. Meine Schwester und ihr Mann sind große Frankreich-Liebhaber und wir hatten mit der Familie ein Ferienhaus in Südfrankreich. Zudem gab es noch nichts Vergleichbares hier auf der Ecke. Und es ist ein super dankbares Thema, um schnell etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen. Du hast sofort einen Leitfaden für dein Konzept und läufst nicht von vornherein Gefahr, Kraut und Rüben rauszuklopfen.

IMG_6570.JPG

Habt ihr euch trotzdem Inspirationen geholt?

Liviu: Klar! Wir haben uns andere Läden angeschaut. Haben uns das Preissegment angeguckt. Haben uns in Ruhe angeschaut, was brauchen wir. Wie muss es aussehen. Wie bleibt was hängen.

Glücklicherweise ist meine Schwester super kreativ. Sie hat Kunstgeschichte studiert und bei der ART als Redakteurin gearbeitet. Und sie liebt Inneneinrichtungen. Nach dem Motto „Einfach alles zusammensammeln“, haben wir dann in Windeseile Flohmärkte abgetingelt und geschaut, was im eigenen Haushalt oder bei Ebay vorhanden war. Wir hatten eben nur ein kleines Budget, das effektiv genutzt werden musste. Der Tresen stand zum Beispiel in einer staubigen Ecke bei einem Antiquitätenhändler. Der hatte ihn gar nicht mehr auf dem Schirm und somit günstig verkauft. Also war auch viel Glück mit dabei.

Und das alles innerhalb von 2 Wochen!

Liviu: Genau. Das war aber echt ein enges Höschen. Den wir haben es original erst am letzten Tag vor Ladeneröffnung geschafft, alle nötigen Unterlagen beim Bezirksamt abzugeben. 10 Minuten vor Schließung sind wir dort reingestürzt und haben die Sachen abgegeben. Das war 2016. Das richtige Go haben wir aber erst im Januar 2017 bekommen. Ab da konnten wir auch Alkohol ausschenken, da wir bis dato noch keine Konzession hatten. Ohne Alkohol bist du leider einfach für viele uninteressant.

D.h ihr habt nicht nur zu den üblichen Kaffee Zeiten auf?

Liviu: Wir probieren uns da aus. Aktuell haben wir unter der Woche bis 18 Uhr und von Donnerstag bis Sonntag bis 20 Uhr geöffnet. Wenn natürlich aber noch was los ist, lassen wir unsere Türen auch länger auf.

Ihr habt Mittwoch Ruhetag! Das ja eher ungewöhnlich ist für die Gastro.

Liviu: Ja, da die meisten am Montag zumachen, ist das für uns ein sehr lukrativer Tag. Manche Montage sind sogar stärker als das Wochenende. Denn übers Wochenende fahren viele Leute weg. Montags sind sie dann wieder zurück und durstig. Dann ist der Montag wirklich voll. Aber ab Juli mach ich auch mittwochs auf.

IMG_7597.JPG

Was bietet ihr an?

Liviu: Kaffee, Snacks, Kuchen und natürlich Frühstück. Das ist unser Seller und läuft hier echt super. Gleichzeitig ist es aber auch unser Neckbreaker. Da wir wirklich jeden individuellen Wunsch respektieren und auf alles eingehen.

Was war der verrückteste Wunsch?

Liviu: Da haben wir so einige. Zum Beispiel gibt es Kunden, die nur ganz bestimme Käsesorten haben wollen. Dann aber bitte von der einen mehr und wiederum von der Salami dafür eine Scheibe weniger. Bitte auch keinen Feigensenf sondern unbedingt Marmelade. Und selbst der Cappuccino besteht aus ganz vielen Extrawünschen. Aber das macht es auch aus.

Wie sucht ihr eure Lebensmittel aus?

Liviu: Unsere Devise ist, echt leckere Sachen zu einem bezahlbaren Preis anzubieten. Denn die Tendenz, dass zum Beispiel für Kaffees absurde Preise verlangt werden, finde ich echt krass. Klar sollen alle davon leben können und selbstverständlich kostet Qualität ihren Preis, aber ich finde es geht in eine komische Richtung.

Wir haben einfach durch probieren geschaut, dass wir vernünftige Sachen bekommen, die uns schmecken und bezahlbar sind. Unseren Kaffee haben wir beispielsweise durch ein Vielzahl von Selbstversuchen ausgesucht. Denn wir waren hart genervt von den ganzen klassisch weichgespülten Arabica Sachen, die In Deutschland seid mehreren Jahren den Markt beherrschten.

Aber auch der Endkonsumenten setzt Grenzen. Das hängt natürlich auch von der Lage ab. Wir haben hier zwar das Glück, dass auf St. Pauli alles super durchmischt ist. Vom veganen Bio-Weltverbesserer bis hin zum Ur-St. Paulianer ist alles dabei. Aber Grenzen gibt es einfach. Wir haben zum Beispiel mal eine zeitlang versucht, die geilste Bio-Milch zu benutzen. Da hat dann nur Kaffee-Verkaufen keinen Spaß mehr gemacht. Du hast so eine geringe Marge, dass du die Preise eigentlich hochsetzen müsstest. Das ist für die Mehrheit dann aber wiederum zu teuer. Und am Ende musst du ja auch davon leben. Wir versuchen einfach immer alles nach bestem Gewissen auszusuchen, keinen Trash zu kaufen und selber zu backen.

IMG_6579.jpg

Ist es anders ein eigenes Café zu besitzen?

Liviu: Ja, definitiv. Es ist kein Vergleich zum Angestellt sein. Auch wenn du als Angestellter Verantwortung hast, liegen absolut Welten dazwischen. Es ist echt ein ganz ander Schnack.

Was war dein größtes Learning?

Liviu: Wie ätzend das Personalwesen ist. Das muss ich wirklich sagen. Wie ätzend es zum Beispiel ist, Verfügbarkeiten für den nächsten Monat zu bekommen. Das habe ich als Angestellter nie für Ernst genommen. Aber jetzt merke ich, was für ein Kampf das ist. Und vielleicht noch das ganze Zeug, was man eh nicht so richtig durchblickt, wie Steuer- und Personalmeldungen. Aber das ist für mich eigentlich kein Learning sondern nur Stress [lacht].

Schon Edith Piaf sang: Non, je ne regrette rien. Und auch wir bereuen nichts und mampfen genüsslich unsere leckere Tarte auch Chocolat. Also allez, allez und ab ins Café du Port.

Café du Port / Hein-Hoyer-Straße 56 / 20359 Hamburg

cafe-du-port.de / facebook